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Jahreslosung 2024

www.verlagambirnbach.de | Motiv von Stefanie Bahlinger, Mössingen

Gedanken zur Jahreslosung 2024 von Pfrin. Katja Föhrenbach

"Alles, was ihr tut, tut mit Liebe."
1. Korinther 16,14

Ich schreibe eine Nachricht in den Familienchat. "Ich komme nachher zum Abendessen. Vorher schaffe ich es nicht, ich habe noch ein wichtiges Gespräch. Bitte nehmt die Wäsche aus der Waschmaschine und hängt sie auf. Nachher klingelt Herr N., wenn ich bis dahin nicht da bin, macht ihm doch schon mal auf und bittet ihn rein. Alles, was ihr tut, tut mit Liebe. Ach ja, der DHL-Bote soll auch noch heute Nachmittag kommen und ein Päckchen bringen. Liebe Grüße auch von Maria, mit der habe ich telefoniert."

Eigentlich ein ganz normaler Tag, vollgepackt mit Arbeit und Organisation. Und dazwischen dieser Satz von Paulus, den habe ich geklaut. All eure Dinge lasst in Liebe geschehen. Der steht sonst nicht im Familienchat, schade eigentlich, vielleicht sollte er. Im Brief an die Korinther klingt es aber schon ein bisschen so, drumherum sind Verabredungen, Absagen, Vertröstungen, Bitten und Grüße. Und mittendrin so ein Satz.

Als ich diesen Text schreibe, kommen wir gerade vom Kirchenvorstandswochenende zurück. Da würde das noch besser hinpassen, denn da geht es, wie bei Paulus, um das Gemeindeleben. Wir haben viel gesprochen, analysiert und diskutiert über Zukunftsfragen der Gemeinde. Unsere Aufgaben haben oft mit Zahlen und Planungen zu tun, immer wieder mal denken wir: wo hat denn das Geistliche seinen Platz? Vielleicht gerade darin: Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe.

Im Religionsunterricht rede ich mit Schüler:innen der 10. Klasse über die Bergpredigt, Feindesliebe. Einige finden es hoffnungsvoll und schön, sie mögen den Begriff der Liebe. Andere sagen deutlich: Ich kann mir das nicht vorstellen, ich kann doch nicht auf Knopfdruck Sympathie für jemanden empfinden. Wir lesen einen Text des jüdischen Religionswissenschaftlers Pinchas Lapide, der die Umsetzung der Feindesliebe im Sinne der tätigen Liebe versteht: Es geht darum, den anderen Menschen als Gegenüber zu sehen. Wenn er Hilfe braucht, wenn er Hunger hat oder verletzt ist, wenn er kein Dach über dem Kopf hat, dann soll ich ihm helfen, unabhängig ob fremd oder nah, ob Freund oder Feind. Dafür muss ich keine Gefühle für den anderen haben. Und damit wäre auch schon sehr viel gewonnen.

Ich erinnere mich an einen Theologieprofessor aus meiner Studienzeit, der anders argumentierte: Die Nächstenliebe – und dabei kann die Person, die mir gerade über den Weg läuft mein "Nächster" sein, egal ob ich ihn kenne oder nicht, egal ob Freund oder Feind – ist eine Zuwendung zum anderen. Eine liebevolle Zuwendung, indem ich den anderen als Gegenüber ansehe, Mensch und genauso viel wert wie ich, aber doch anders als ich selbst. Aber auch diese Zuwendung kommt von Herzen, so ein klein bisschen Wärme und Brennen braucht es, damit die Liebe nicht leer ist.

Alles, was ihr tut, tut mit Liebe. Ich verstehe das als Zäsur im Text. Einmal kurz den Kopf hochnehmen. Einatmen, ausatmen. Nicht im dauerhaften Trott weiter. Ich verstehe es als Haltung. Und die bringe ich in alles hinein, was ich tue. Ich backe Plätzchen? Nun, ich kann auf die Schnelle Butter, Mehl und Eier zusammen rühren. Oder ich überlege mir, wem ich damit eine Freude machen möchte, mir oder anderen. Ich rieche die Butter, freue mich daran, wie der Teig glatt wird und wie schön die ausgestochenen Tannenbäume werden. Beim Backen kennen wir das: "Mit Liebe gebacken".

Aber wie wäre das denn, wenn wir das auch sonst üben? Mit Liebe dem Paketboten die Tür aufmachen. Mit Liebe die Spülmaschine einräumen. Mit Liebe eine schwierige Mail schreiben. Mit Liebe Arbeiten korrigieren. Mit Liebe das Bad putzen. Mit Liebe Entscheidungen treffen, auch wenn sie schmerzhaft sind. Zugegeben, nicht immer möglich, nicht immer einfach, und manchmal sucht man diese Liebe auch in sich, weil sie sich gerade irgendwo versteckt.

Umso besser, wenn ein anderer mir vielleicht gerade mit Liebe die Tür öffnet, dann bekomme ich vielleicht etwas davon ab. Und manchmal geht es schon, wir vergessen es nur, vor dem Loslegen kurz einzuatmen, Liebe in uns zu spüren und auszuatmen. Eine ganz einfache, kleine Methode. Irgendwie ist das, was Paulus da so in seine organisatorischen Arbeitsabläufe nebenbei einwirft, klein und fast banal. Im Durchführen wird es aber ganz groß und mächtig, je mehr davon in unserem Handeln vorkommt. Es steckt andere an, verstärkt sich gegenseitig. Und kann damit auch zur Revolution werden.

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